Montag, 28. April 2008
Conrados Marathonbericht!
Hamburg 27.04.08
Es ist 5.45 Uhr als der Wecker einen langen erholsamen Schlaf beendet. Meine liebe Gattin lasse ich liegen, denn auch sie hat heute schwere Aufgaben zu erfüllen. Das Kind schläft. Sehr gut! Ab auf den Balkon, um das Wetter zu erkunden. Ein herrlicher sonniger Morgen. Es verspricht ein warmer Tag zu werden. Zu warm für einen echten Spitzenmarathoni? Das wichtige leichte Frühstück(schwarzer Tee mit Honig und zwei Scheiben Baguette mit Honig. Mehr ist heute nicht erlaubt!) muss noch warten, da ich plötzlich einen mächtigen Drang zum Klo verspüre. Groß! Sehr gut, denn auch so etwas banales kann einen den Lauf zerstören! Und wie dumm es aussieht an der Strecke vor etlichen Zeugen einen richtigen Haufen zu machen, muss ich nicht beschreiben. Geformt und gefestigt ist er! Der Haufen! Sehr schön, so soll es sein bei einem echten Sportsmann!
Es folgt ein entspanntes Frühstück. Jetzt mache ich schon meine ersten Lockerungs- und Entspannungsübungen. Danach werden die wichtigen Stellen mit Vaseline eingerieben. Die Beine werden mit Pferdesalbe bearbeitet! Nun die schicke Laufkleidung angezogen auch die wichtigen Schuhe werden jetzt schon geschnürt. Es ist 6.45 Uhr. Ich mache ganz gewissenhaft meine Dehnübungen. Frau und Kind werden langsam wach! Mit den besten Wünschen meiner beiden Frauen eile ich zum U-Bahnhof. Um 7.30 bin ich dort mit Jens Jensen verabredet. Überall in meinem Viertel kommen die anderen Marathonis aus den Häusern um zur U-Bahn zu gehen. Ich werde jetzt ernsthaft nervös. Jetzt wird es plötzlich so real! Ich muss ein paar Mal durchatmen! In der U-Bahn ist es unglaublich voll. Alles Läufer! Unterwegs steigen noch Sportsfreunde von Jens dazu. Fit sind alle. Jeder erzählt wie schlecht die Nacht war.Wie gut der Stuhlgang war usw.!
Auf dem Heilgengeistfeld werden die Kleiderbeutel abgegeben! Ab jetzt bin ich nicht mehr in dieser Welt. Ich fühle mich wie ein Rennpferd will endlich loslaufen. Will nicht mehr reden. Ich genieße den Tag, das herrliche Wetter. Es ist tatsächlich sehr warm. 23 Grad sollen es heute werden. Ich entschließe mich spontan nur in einem ärmellosen Shirt zu laufen!
9.00 Uhr laufen die Spitzenläufer los. Um 9.07 laufe ich über die Startlinie. Ich fühle mich richtig stark und könnte vor Glück heulen. Was habe ich nicht gelitten in dieser Vorbereitung!
Das waren meine Trainingskilometer.
Ich nehme mir vor, unter 4 Stunden zu laufen. Zunächst muss ich aufpassen nicht zu schnell zu werden. Schön langsam steigern. Erstmal nur unter 6.00 Minuten für den Kilometer. Am Altonaer Rathaus steht meine Mama. Ein Kuss und weiter geht es. Ich bin gerührt über ihre Anwesenheit. Ab jetzt heißt es an jeder Wasserstelle tanken und alle 5Km werfe ich mir einen Squeeze rein. Mir geht es fantastisch, ich genieße die Aussicht. Ich laufe jetzt alleine, da meine Sportsfreunde es langsamer angehen wollen. Herrlich der Blick auf die Elbe, den Hafen, die Menschenmassen! Am Jungfernstieg treffe ich noch einmal Jens Jensen. Wir verabschieden uns, ich beschließe weiter auf die 4 Stunden zu gehen. Es ist jetzt wirklich heiß, aber da ich immer trinke fühle ich mich gut und werde immer schneller, so wie es sein soll. Alle 5Km eine kleine Tempoverschärfung! Zur Halbzeit fühle ich mich topfit und glaube immer mehr an mich. Ich laufe durch das fiese Barmbeck, für mich der blödeste Teil der Strecke und keine Werbung für Hamburg, und mir wird plötzlich klar, dass ich eher bei diesem Lauf sterben möchte, als noch einmal bei meinem beschissenen Arbeitgeber zu dienen. Ich bin Sportprofi, und habe es nicht nötig mich für eine Unterbezahlung demütigen zu lassen! Yeah! Das gibt mir noch mehr Kraft. Ich fühle mich unbesiegbar. Das sind wohl die körpereigenen Drogen, für die man das alles macht! Km 27.5: Fast alle meine Freunde sind da, ich wohne hier. Meine Frau und Tochter sind da! Ich bleibe kurz stehen, um mich zu bedanken. Ich bin total glücklich! Km 30: Jetzt kommt die entscheidende Phase. Wo ist der Mann mit dem Hammer? Ich werde etwas ängstlich. Aber es geht unermüdlich weiter und weiter! Bei Km 35 soll wieder meine Frau warten. Wir verpassen uns. Dann der Knaller! Ich bekomme im linken vorderen Oberschenkel einen Krampf. Scheiße! Ich muss langsamer werden. Mein großes Ziel ist so nicht mehr erreichbar. Ich möchte am liebsten aufgeben, so frustriert bin ich. Aber das kommt für einen Conrado nicht in Frage! Na, dann laufe ich jetzt ruhig und locker zu Ende! An der Strecke ist jetzt die Hölle los! Eppendorf bebt! Dann die Rotenbaumchausse. Jetzt fängt auch der andere Oberschenkel an zu zucken. Das wollte ich ja immer haben. Ich wollte wissen ob ich über meine Grenzen gehen kann. Jetzt werde ich es sehen. Jeder Schritt auf dieser lächerlichen Steigung schmerzt. Noch 5Km. Eine Runde um den Stadtpark! Bin ich doch schon tausendmal gelaufen! Verdammt! Es kommt mir endlos weit vor! Nach dem Anstieg wird es leider nicht besser. An der Strecke sehe ich immer mehr Läufer liegen, sehe Läufer gehen! Es scheint heute wohl vielen schlecht zu gehen. Oder nehme ich das nur anders wahr?Beim Cafe Schöne Aussichten wieder ein kleiner Anstieg. Jetzt bemerke ich sogar meine Waden! Mir wird schlecht. Ich muss kurz stehen bleiben und dehnen! Argggg! So kurz vorm Ziel am Ende? Niemals! Ich kann ja sonst auf den Händen gehen. Ab jetzt habe ich Messer in den Beinen! Ich beiße sichtbar auf die Zähne und versuche mit großen ruhigen Schritten mich ins Ziel zu kämpfen! Dann sehe ich in 400 Meter Entfernung das Ziel. Rechts und links Tribünen. Ich kann es nicht genießen. Es sind die längsten 400 Meter meines Lebens. Ich hätte nicht gedacht, das es sich so anfühlen kann! Endlich, endlich im Ziel! Ich bin jetzt doch sehr erleichtert! Aber mir ist jetzt ziemlich schlecht. Jetzt nur nicht umfallen. Unbeteiligt nehme ich Medaille, Getränke und Verpflegung entgegen! Jens Jensen ist kurz nach mir im Ziel. Es geht ihm noch dreckiger! Wir legen uns auf dem Heiligengeistfeld auf den Boden und trinken unser Erdinger. So nach einer Viertelstunde geht es wieder. Wir holen unsere Kleiderbeutel und ziehen uns mit größter Anstrengung um. Wir müssen über uns lachen. Wir haben bei jeder Bewegung Schmerzen. Dann humpel ich zur U-Bahn und fahre befriedigt und unheimlich müde nach Hause. Beim Eppendorfer Baum kreuze ich die Marathonstrecke und sehe immer noch ein paar tapfere Helden laufen. Ich empfinde einen gigantischen Stolz!
Hier sollte meine Nike+ Laufaufzeichnung erscheinen! Aber Nike schafft es nicht! Peinlich, oder?
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2 Kommentare:
Hallo Conrado,
ein ganz ganz großer Lauf und ein wunderbar geschriebener Blog-Eintrag dazu. Ich hoffe, wir sehen Dich im nächsten Jahr (spätestens) wieder auf dem Hamburg Marathon Deinen Langlauf-Schweinehund besiegen!
Danke Holger!
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